Wie gerecht ist Gnade? 

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Wie gerecht ist Gnade? 

by Mario Kunze

Was verdienst du

Jeder bekommt, was er verdient. Dies bezeichnet man als Leistungsgerechtigkeit. Für Unrecht verdient man Strafe. Für Arbeit verdient man Lohn – meistens jedenfalls. Was ist jedoch dann, wenn man keinen Lohn bekommt? Oder andere für weniger Arbeit mehr Lohn? Jesus erzählt dazu ein Gleichnis über Tagelöhner, welche von einem Weinbergbesitzer angestellt werden (Matthäus 20,1-16). Im Laufe des Tages stellt er immer mehr Arbeiter an, die er auf dem Marktplatz findet. Schließlich haben manche Arbeiter zwölf Stunden, manche neun, sechs, drei und die Letzten gar nur eine Stunde gearbeitet. Bei der Lohnauszahlung erhält jeder, was ihm versprochen wurde: Einen Tageslohn (ein Denar). Da fühlen sich die benachteiligt, die mehr Stunden gearbeitet haben. Mehr Arbeit verdient mehr Lohn, ist ihr Empfinden. Doch sie irren: Ihnen wurde genau der Lohn ausgezahlt, der ihnen versprochen wurde. Es liegt an der Großzügigkeit des Weinbergbesitzers, dass er allen einen vollen Tageslohn zahlt, egal wie viele Stunden sie gearbeitet haben. Das ist positive Willkür. Das ist eben Gnade: Ein unverdientes Geschenk. Und trotzdem gerecht! Denn keiner bekommt weniger als ursprünglich vereinbart. 

Gerechte Gnade!?

Was als Gerechtigkeit wahrgenommen wird, hängt stark mit der eigenen Situation zusammen. So ist das bei Gnade auch! Gnade bedeutet: Ich bekomme nicht, was ich verdiene. Gnade vor Recht! Ein anderes Gleichnis von Jesus handelt von einem Diener, der seinem König 164.383 Jahreslöhne schuldete – eine unbezahlbare Summe (Matthäus 18,21-35). Als die Schulden fällig werden, lautet daher der Befehl: Verkauf in die Sklaverei. Doch als dieser Diener auf die Knie fällt und um Zahlungsaufschub bittet, geschieht etwas Unglaubliches: Der König wird innerlich bewegt und erlässt ihm die gesamte Schuld. Einfach so! Das ist Gnade. Der gleiche Diener fordert unmittelbar darauf seinen Arbeitskollegen auf, eine Minisumme von 100 Tageslöhnen zurückzahlen. Auch dieser bittet um Zahlungsaufschub. Dazu ist der Diener aber nicht bereit, sondern wirft ihn ins Gefängnis. Dies ist gerecht, aber eben nicht gnädig. Am Ende verliert der Diener durch dieses Verhalten alles! Seine Schuld wird reaktiviert und er wird „den Folterknechten überliefert, bis er alles bezahlt habe“. Auch dies ist gerecht. Das Angebot der Gnade ist in diesem Fall verwirkt. 

Alle zufrieden? Gnade gefällt vielen nicht, außer denen, die davon profitieren. Die Begnadigung eines Straftäters wird für diese Person immer positiv sein. Die Opfer der Straftat wünschen sich aber oft das Gegenteil. Gleicher Lohn für unterschiedliche Leistung führt schnell zum sozialen Unfrieden, ist aber ein Geschenk für die, welche „bevorzugt“ werden.

Unverdient und unverdienbar

In der Bibel sind beide Begriffe zentral: Gnade und Gerechtigkeit. Dabei wird deutlich, dass der Mensch das nötige Maß an Gerechtigkeit nicht hat und deshalb unter dem Todesurteil Gottes steht. Er kann diese Gerechtigkeit auch nicht durch eigene Anstrengung erreichen. Die Schuld des Menschen ist für ihn unbezahlbar bzw. sie kostet ihm das Leben. Daher ist die Gnade Gottes so wichtig – Gott stirbt selbst in seinem Sohn und bezahlt so den Preis. Jeder der an Jesus glaubt, bekommt dies einfach zugerechnet. Es ist unverdient und unverdienbar. Es ist Gnade vor Recht und doch gerecht, weil ein anderer an unserer Stelle gestorben ist: Jesus Christus. 

Du hast die Wahl, nach welchem Standard du von Gott behandelt werden willst: Dem der Gerechtigkeit (ohne Gnade) oder dem der Gnade (die doch gerecht ist).